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AutorenbildSchwester Eva - Pflegeexpertin

In der SIS® in der Risikomatrix das Dekubitusrisiko differenziert einschätzen? Reicht das aus?



Die Bedeutung des Pflegeprozesses und der Dekubitusprophylaxe in der pflegerischen Betreuung



Bei Beginn einer pflegerischen Betreuung ist es von entscheidender Bedeutung, den Pflegeprozess sorgfältig einzuhalten. Der Pflegeprozess beginnt mit einer strukturierten Informationssammlung (SIS®) als Pflegeanamnese, wenn Sie nach dem Strukturmodell arbeiten; ansonsten ist dennoch eine ausführliche pflegerische Anamnese zu erstellen. Diese Pflegeanamnese ist essentiell, um die individuellen Probleme und Ressourcen der zu pflegenden Person zu erkennen und somit die Grundlage für die Festlegung der Pflegeziele zu schaffen.


Die Rolle der Pflegeanamnese


Die Pflegeanamnese ermöglicht eine umfassende Erhebung der gesundheitlichen Situation der zu pflegenden Person. Durch diese systematische Erfassung können Pflegefachkräfte die speziellen Bedürfnisse und Risiken der Pflegebedürftigen identifizieren. Diese Informationen sind unerlässlich, um maßgeschneiderte Pflegeziele zu formulieren und eine adäquate Pflegeplanung durchzuführen.


Expertenstandard Dekubitusprophylaxe


Laut dem Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege ist es entscheidend, so schnell wie möglich, jedoch spätestens 8 Stunden nach Aufnahme, eine Hautinspektion und eine differenzierte Risikoeinschätzung durchzuführen.(1) Diese Maßnahmen sind notwendig, um frühzeitig potenzielle Hautschäden zu erkennen und geeignete Präventionsmaßnahmen einzuleiten.



Fallbeispiel: Versäumnisse in der Pflegepraxis



Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die gravierenden Folgen, die durch die Missachtung dieser Standards entstehen können:


Am Aufnahmetag wurde weder ein durchgeführter Bodycheck noch eine Hautinspektion im Pflegebericht dokumentiert. Dabei war eine Hautinspektion von größter Bedeutung, da eine Bewohnerin gemäß dem Pflegeüberleitungsbogen aus dem Krankenhaus mit einem bestehenden sakralen Dekubitus im Stadium I in die Einrichtung entlassen wurde. Das Versäumnis, eine rechtzeitige Hautinspektion durchzuführen und zu dokumentieren, stellt eine erhebliche Gefährdung der Pflegequalität dar.


Die Bedeutung der differenzierten Risikoeinschätzung


Eine Pflegeanamnese in Form einer SIS® wurde zwar am Aufnahmetag vorgelegt, welche die vollständige Immobilität einer Bewohnerin bestätigte. In der Risikomatrix der SIS® wurde ein Dekubitusrisiko erkannt, jedoch sahen die Pflegenden keine Notwendigkeit für eine differenzierte Risikoeinschätzung und kreuzten entsprechend unter weitere Einschätzung notwendig: „nein“ an. Diese Entscheidung offenbart eine signifikante Lücke in der Risikobewertung.

Notwendigkeit einer evidenzbasierten Bewertung


Das alleinige Erkennen eines Dekubitusrisikos in der SIS® ersetzt keine tiefgehende Beurteilung!


Eine valide Dekubitusrisikoeinschätzung erfordert ein Screening, das auf evidenzbasierten und standardisierten Methoden beruht, alle relevanten Risikofaktoren berücksichtigt und eine objektive Bewertung gewährleistet. Ohne transparente Angaben darüber, welche spezifischen Risikofaktoren einbezogen und nach welchen Kriterien.


Eine Übersicht der Risikofaktoren finden Sie auch im Expertenstandard aufgelistet. Schauen Sie hier:


Der Expertenstandard schreibt nicht mehr zwingend die Nutzung einer Skala wie die Braden-- oder Norton-Skala vor, dennoch empfehle ich diese immer noch gerne, weil sie alle Faktoren enthalten und auch schnell angewandt werden können. Daher können Sie sich diese Skalen auch kostenlos bei mir im Shop downloaden.



Schlussfolgerung


Die Aufnahme in die Pflegeeinrichtung erfolgte mit bereits bestehender sakraler Hautschädigung, was alleine schon ein eindeutiges Dekubitusrisiko darstellte. Dementsprechend war die Planung und Durchführung einer Dekubitusprophylaxe essenziell, um eine Verschlimmerung und die Entstehung weiterer Hautschäden zu verhindern. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, den Pflegeprozess sorgfältig zu befolgen und die Expertenstandards einzuhalten. Nur so kann eine qualitativ hochwertige und sichere pflegerische Betreuung gewährleistet werden.


Handlungsempfehlungen


Um solche Versäumnisse in Zukunft zu vermeiden, sollten Pflegeeinrichtungen folgende Maßnahmen ergreifen:


  1. Schulung und Sensibilisierung: Regelmäßige Schulungen für Pflegekräfte zur Bedeutung der Hautinspektion und differenzierten Risikoeinschätzung.

  2. Dokumentation: Einführung strengerer Dokumentationsrichtlinien und regelmäßige Überprüfung der Einhaltung.

  3. Evidenzbasierte Methoden: Implementierung standardisierter und evidenzbasierter Screening-Tools zur Risikobewertung.

  4. Qualitätskontrollen: Durchführung regelmäßiger interner Audits zur Sicherstellung der Pflegequalität.


Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen kann die Pflegequalität nachhaltig verbessert und das Risiko für Dekubitus und andere Pflegekomplikationen signifikant reduziert werden.


Ganz liebe Grüße und bleibt gesund und munter


Eure Schwester









(1) Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege, 2017, S. 67.



Literatur und Nachweise:


Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege, D. (Hrsg.). (2017). Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege (2. Aktualisierung 2017). Hochschule Osnabrück, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. https://www.dnqp.de/fileadmin/HSOS/Homepages/DNQP/Dateien/Experten standards/Dekubitusprophylaxe_in_der_Pflege/Dekubitus_2Akt_Auszug.pdf


Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (Hrsg.). (2015). Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden (1. Aktualisierung 2015). Hochschule Osnabrück, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. https://www.dnqp.de/fileadmin/HSOS/Homepages/DNQP/Dateien/Experten standards/Pflege_von_Menschen_mit_chronischen_Wunden/ChronWu_Akt _Auszug.pdf


Haesler, E. (Hrsg.). (2014). Prävention und Behandlung von Dekubitus: Kurzfassung der Leitlinie. In Leitlinie Dekubitus (S. 88). Cambridge Media: Osborne Park. https://www.epuap.org/wp- content/uploads/2016/10/german_quick-reference-guide.pdf


Bildnachweise: ChatGPT4o


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