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Die Bedeutung der Risikoeinschätzung in der Pflegeplanung und der SIS®





In der Pflegeplanung spielen Risikoeinschätzungen eine entscheidende Rolle, um die bestmögliche Betreuung und Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Eine gründliche und zeitgerechte Analyse der individuellen Risiken ist nicht nur für die präventive Pflege essenziell, sondern auch für die gesamte Planung und Umsetzung pflegerischer Maßnahmen.

Doch was passiert, wenn diese Risikoeinschätzung fehlt oder verspätet durchgeführt wird?


Kurze Übersicht über unser Fallbeispiel:


Am 30.11.2022 wurde der Patient aufgenommen und noch am gleichen Tag eine Pflegeplanung erstellt. Die Pflegeanamnese mit der Strukturierte Informationssammlung (SIS®) wurde am 04.12.2022 durchgeführt.


Fehlende Risikoeinschätzung und deren Folgen


Betrachten wir das konkrete Beispiel: Am 30.11.2022, dem Aufnahmetag, wurde für einen Patienten eine Pflegeplanung erstellt, die jedoch ohne eine vorherige Risikoeinschätzung vorgenommen wurde. Zu diesem Zeitpunkt lag keine strukturelle Informationssammlung vor, die eine fundierte Einschätzung der Risiken ermöglicht hätte. Ohne diese wichtige Grundlage wurde in der Pflegeplanung keine Dekubitusprophylaxe vorgesehen – eine Maßnahme, die besonders wichtig ist, um Druckgeschwüre bei Patienten mit eingeschränkter Mobilität zu verhindern.


Dekubitus, oder Druckgeschwüre, entstehen durch anhaltenden Druck auf die Haut und das darunterliegende Gewebe, was zu Durchblutungsstörungen und Gewebeschäden führen kann. Sie sind eine häufige Komplikation bei immobilen Patienten und können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden.


In diesem Fall wurde die Pflegeplanung am 30.11.2022 erstellt, während die notwendige Pflegeanamnese erst am 04.12.2022 mit der Strukturierten Informationssammlung (SIS®) durchgeführt wurde. Das bedeutet, dass wichtige Informationen über den Gesundheitszustand, die Mobilität und die Risiken des Patienten bei der ursprünglichen Planung nicht berücksichtigt wurden. Dies war insbesondere deswegen so kritisch, da bereits am 02.12.2022 ein Dekubitus im Stadium II per Fotodokumentation vermerkt wurde.


Widerspruch zum Pflegeprozess


Der Pflegeprozess ist ein systematisches Verfahren, das eine klare Struktur und logische Abfolge von Schritten erfordert, um eine umfassende und patientenorientierte Versorgung zu gewährleisten. Laut Müller-Staub (2006) umfasst der Pflegeprozess fünf Hauptphasen: die Informationssammlung, die Risikoeinschätzung, die Erstellung der Pflegeplanung, die Durchführung der Pflegeinterventionen und die Evaluation der Pflegeergebnisse.


Diese strukturierte Vorgehensweise stellt sicher, dass alle relevanten Aspekte der Patientenversorgung identifiziert und berücksichtigt werden, was essenziell ist, um die Pflege an die individuellen Bedürfnisse und Risiken des Patienten anzupassen.


Eine umfassende Informationssammlung bildet die Grundlage des Pflegeprozesses. Sie ermöglicht die Erfassung aller relevanten Daten zum Gesundheitszustand, zur Krankengeschichte und zu den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Basierend auf dieser Datenbasis erfolgt die Risikoeinschätzung, die darauf abzielt, potenzielle Gefährdungen wie Dekubitusrisiken frühzeitig zu erkennen und entsprechende prophylaktische Maßnahmen zu planen (Beyer & Nicol, 2011).


Im vorliegenden Fallbeispiel wurde die Pflegeplanung jedoch vor der Durchführung der Pflegeanamnese erstellt. Dieser Verfahrensfehler widerspricht den Grundprinzipien des Pflegeprozesses, wie sie in der Literatur beschrieben werden (Krohwinkel, 1993). Ohne eine vollständige Informationsgrundlage konnte das Dekubitusrisiko nicht erkannt und folglich nicht in die Pflegeplanung einbezogen werden. Dies führte dazu, dass prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung von Druckgeschwüren, die besonders bei immobilen Patienten von zentraler Bedeutung sind, nicht vorgesehen waren (EPUAP/NPUAP/PPPIA, 2014).



Die unzureichende Dekubitusprophylaxe hatte schwerwiegende Konsequenzen: Der Patient wurde später mit mehreren Dekubitusstellen in verschiedenen Stadien bis hin zum Stadium IV ins Krankenhaus eingewiesen, was vermeidbar gewesen wäre, wenn der Pflegeprozess korrekt eingehalten worden wäre. Die Literatur zeigt, dass eine korrekte Durchführung des Pflegeprozesses, insbesondere die rechtzeitige Risikoeinschätzung und Pflegeplanung, maßgeblich zur Verhinderung von Pflegekomplikationen wie Dekubitus beiträgt (Fleck, 2008).


Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Nichteinhaltung des Pflegeprozesses in diesem Fall zu einer unzureichenden Patientenversorgung geführt hat. Es ist entscheidend, dass Pflegeeinrichtungen die Notwendigkeit einer strukturierten Vorgehensweise im Pflegeprozess erkennen und implementieren, um die bestmögliche Versorgung und Sicherheit für Patienten zu gewährleisten.


Die Bedeutung der Dekubitusprophylaxe


Die Dekubitusprophylaxe ist ein zentrales Element der pflegerischen Versorgung, insbesondere bei Patienten, die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Druckgeschwüren (Dekubitus) aufweisen. Druckgeschwüre entstehen durch anhaltenden Druck auf die Haut und das darunterliegende Gewebe, was zu Durchblutungsstörungen und schließlich zu Gewebeschäden führt (Gefen et al., 2018). Besonders gefährdet sind immobile Patienten, ältere Menschen sowie Patienten mit sensiblen Hautpartien oder schlechter Durchblutung (EPUAP/NPUAP/PPPIA, 2014).





Zu den essenziellen Maßnahmen der Dekubitusprophylaxe gehören regelmäßige Umlagerungen, die Verwendung von druckentlastenden Hilfsmitteln wie speziellen Matratzen und Lagerungshilfen, sowie eine sorgfältige Hautpflege. Diese Maßnahmen sind in den Leitlinien zur Dekubitusprophylaxe klar definiert und beinhalten spezifische Strategien zur Risikoreduktion. Die regelmäßige Umlagerung soll den Druck auf gefährdete Körperstellen vermindern und die Durchblutung fördern, während druckentlastende Hilfsmittel dafür sorgen, dass die Belastung gleichmäßig verteilt wird und keine zusätzlichen Druckspitzen entstehen (NPUAP, 2014).


Eine sorgfältige Hautpflege unterstützt die Hautbarrierefunktion und schützt vor zusätzlichen Schäden durch Feuchtigkeit, Reibung und Scherkräfte. Laut Beyer und Nicol (2011) ist die Kombination dieser Maßnahmen entscheidend, um Druckgeschwüren vorzubeugen und somit das Risiko von Schmerzen, Infektionen und weiteren schwerwiegenden Komplikationen zu minimieren.


Konsequenzen der fehlenden Risikoeinschätzung im Fallbeispiel


Im genannten Fallbeispiel führte die fehlende Risikoeinschätzung dazu, dass wichtige prophylaktische Maßnahmen nicht in die initiale Pflegeplanung vom 30.11.2022 aufgenommen wurden. Dieser Mangel an Planung steht im Widerspruch zu den pflegerischen Standards und Leitlinien, die eine Risikoeinschätzung als grundlegenden Schritt zur Prävention von Dekubitus festlegen (EPUAP/NPUAP/PPPIA, 2014).





Selbst als die Strukturierte Informationssammlung (SIS®) am 04.12.2022 nachgeholt wurden, waren bereits mehrere Tage ohne notwendige Präventionsmaßnahmen vergangen. Laut Fleck (2008) können schon wenige Stunden anhaltenden Drucks ausreichen, um bei gefährdeten Patienten erste Gewebeschäden zu verursachen. Die verzögerte Durchführung der Risikoeinschätzung und die damit einhergehende fehlende Dekubitusprophylaxe erhöhten somit erheblich das Risiko der Entstehung bzw. Verschlimmerung von Druckgeschwüren.


Diese Unterlassung kann zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands des Patienten führen. Die Literatur zeigt, dass die frühzeitige Erkennung von Risikofaktoren und die umgehende Umsetzung präventiver Maßnahmen die Inzidenz von Dekubitus signifikant senken können (Gefen et al., 2018). Durch die Verzögerung der Risikoeinschätzung und die nicht eingeleitete Dekubitusprophylaxe wurde das Risiko für den Patienten, Druckgeschwüre zu entwickeln, unnötigerweise noch zusätzlich erhöht.




Fazit


Das Beispiel verdeutlicht, wie wichtig eine korrekte und zeitnahe Risikoeinschätzung in der Pflegeplanung ist. Eine gründliche und rechtzeitige Pflegeanamnese bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte im Pflegeprozess und stellt sicher, dass alle potenziellen Risiken erkannt und angemessen berücksichtigt werden.


Pflegeeinrichtungen und Pflegefachkräfte müssen darauf achten, dass der Pflegeprozess konsequent eingehalten wird, und dass Risikoeinschätzungen nicht nur regelmäßig, sondern auch vor jeder Pflegeplanung durchgeführt werden; so wie der Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege es vorsieht. Nur so kann eine optimale Pflege gewährleistet werden, die den Bedürfnissen und Risiken der Patienten gerecht wird und die Pflegekräfte in die Lage versetzt, die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen.


Eine sorgfältige Dokumentation aller durchgeführten Maßnahmen ist ebenso entscheidend, um die Kontinuität der Pflege zu gewährleisten und sicherzustellen, dass keine Aspekte der Versorgung übersehen werden.


Ein strukturiertes und methodisches Vorgehen in der Pflegeplanung ist daher nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern vor allem eine Frage der Patientensicherheit und des Wohlergehens.


GLG Eure Schwester Eva





Literatur:


  • Beyer, M. & Nicol, M. (2011). Pflegeprozess und Dokumentation. Springer Verlag.

  • EPUAP/NPUAP/PPPIA (2014). Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Clinical Practice Guideline.

  • Fleck, E. (2008). Qualität in der Pflege: Standards und Richtlinien. Kohlhammer.

  • Gefen, A., Brienza, D., Cuddigan, J., Haesler, E., Kottner, J., & Meyer, F. (2018). Revisiting international pressure ulcer/injury clinical practice guideline recommendations on prophylactic dressings for pressure ulcer prevention: A consensus-based approach. Journal of Tissue Viability, 27(1), 5-1

  • Krohwinkel, M. (1993). Pflegemodell: Pflegeprozess und Management. Urban & Fischer.

  • Müller-Staub, M. (2006). Pflegediagnosen in der



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