Der Dekubitus ist eine gefürchtete Komplikation, die in vielen medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege auftritt. Es handelt sich dabei um eine Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes, die durch Druck, Reibung und Feuchtigkeit verursacht wird. Der Dekubitus ist nicht nur schmerzhaft und unangenehm für die betroffenen Patientinnen und Patienten, sondern auch eine Herausforderung für Ärzte und Pflegekräfte.
Die Zuständigkeit für die Prävention und Behandlung von Dekubiti ist zwischen Ärzten und Pflegekräften nicht immer klar. Ärzte könnten argumentieren, dass die Verhinderung von Dekubiti eine Aufgabe der Pflegekräfte sei, da es detaillierte Vorgaben zur Prävention gibt. Jedoch zeigen Gerichte und Staatsanwaltschaften bei Dekubiti manchmal nur einen Sorgfaltspflichtverstoß im Rahmen der pflegerischen Betreuung auf. Auf der anderen Seite betonen Gutachterkommissionen und die obergerichtliche Rechtsprechung, dass die primäre Verantwortung für die Verhinderung von Dekubiti bei den Ärzten liegt.
Es gibt jedoch keine konkreten ärztlichen Leitlinien zur Vorbeugung und Behandlung von Dekubiti. Internationale Vorgaben, wie die des European Pressure Ulcer Advisory Panels (EPUAP), sowie ein Expertenstandard zur Dekubitusprophylaxe in der Pflege sind vorhanden. Diese sind jedoch nicht nur für Pflegekräfte, sondern auch für behandelnde und fachaufsichtführende Ärzte als allgemein anerkannter fachlicher Standard zu beachten. Dies vermeidet Befunderhebungs-, Aufsichts-, Überwachungsfehler sowie Organisations- und Koordinierungsfehler.
Die Evidenz zu Präventions- und Therapieverfahren bei Dekubiti ist nicht immer gut. Es gibt viele verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können, um einen Dekubitus zu verhindern oder zu behandeln. Eine wichtige Maßnahme ist die Um- und Weichlagerung der Patientinnen und Patienten, da der Dekubitus in erster Linie durch einen zu hohen und zu langen Druck auf das Gewebe entsteht.
Es ist wichtig, dass Ärzte und Pflegekräfte interdisziplinär zusammenarbeiten, um die bestmögliche Versorgung für Patientinnen und Patienten mit Dekubiti zu gewährleisten. Eine sorgfältige Dokumentation der Behandlung und der präventiven Maßnahmen ist unerlässlich, um im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung eine klare Beweisführung zu ermöglichen.
Insgesamt ist der Dekubitus eine Herausforderung für alle Beteiligten im Gesundheitswesen. Es erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften, um die Prävention und Behandlung von Dekubiti zu optimieren und somit das Wohlbefinden der betroffenen Patient Es ist wichtig, dass Ärzte und Pflegekräfte zusammenarbeiten, um Dekubiti zu verhindern und zu behandeln. Auch wenn die primäre Verantwortung beim Arzt liegt, sollten Pflegekräfte in der Lage sein, potenzielle Risikofaktoren zu erkennen und zu behandeln, bevor es zu einem Dekubitus kommt.
In der Praxis kann dies bedeuten, dass Ärzte und Pflegekräfte gemeinsam eine Strategie zur Dekubitus-Prävention entwickeln, die sich auf individuelle Bedürfnisse und Risikofaktoren des Patienten konzentriert. Dazu gehört unter anderem die regelmäßige Überprüfung der Haut auf Anzeichen von Druckgeschwüren sowie die Verwendung von geeigneten Hilfsmitteln wie Antidekubitusmatratzen und Kissen.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Ärzte und Pflegekräfte zusammenarbeiten, um Dekubiti effektiv zu behandeln. Dies kann die Verwendung von Wundauflagen, die Entlastung betroffener Stellen und die Optimierung der Ernährung umfassen, um sicherzustellen, dass der Körper genügend Nährstoffe zur Heilung bereitstellt.
Insgesamt ist die Prävention und Behandlung von Dekubiti ein gemeinsamer Prozess, der eine enge Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegekräften erfordert. Indem sie sich auf die neuesten Standards und Empfehlungen konzentrieren, können Ärzte und Pflegekräfte dazu beitragen, das Risiko von Dekubiti zu reduzieren und die bestmögliche Versorgung für ihre Patienten sicherzustellen.
Die systematische Bewertung des Dekubitusrisikos gehört zu den wichtigsten Maßnahmen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Experten empfehlen, dass Pflegekräfte dafür geeignete Instrumente wie die Braden-, modifizierte Norton- oder Waterlow-Skala nutzen. Diese Skalen liefern einen Punktwert, der das Dekubitusrisiko einschätzt und zu konkreten Pflegeplänen führt, um Wundentstehung zu vermeiden.
Doch diese Verantwortung liegt nicht nur bei den Pflegekräften. Die Ärzte müssen bei Risikopatienten Maßnahmen anordnen, um Druckgeschwüre zu vermeiden, einschließlich Pflegeplänen und deren Überwachung sowie der umfassenden Dokumentation der Maßnahmen. Darüber hinaus müssen Ärzte bei der Erstuntersuchung im Krankenhaus vorhandene Dekubitus-Wunden in den Befund eintragen und sie in der Diagnoseliste und Epikrise erwähnen. Die Dokumentation der Wundgröße, -tiefe und Anzeichen von Infektionen ist ebenfalls wichtig.
Eine fehlende Dokumentation kann dazu führen, dass der Arzt nachweisen muss, dass er die Wunden kunstgerecht behandelt hat. Es ist daher entscheidend, dass alle Beteiligten - Pflegepersonal und Ärzte - bei der systematischen Bewertung des Dekubitusrisikos und der Durchführung von Maßnahmen zur Vorbeugung von Druckgeschwüren zusammenarbeiten und die Dokumentation sorgfältig führen. Nur so kann die bestmögliche Versorgung der Patienten und Bewohner gewährleistet werden.
Rechtliche Konsequenzen
Die rechtlichen Konsequenzen bei fehlenden Eintragungen in der Patientenakte können schwerwiegend sein. Gemäß § 630 h Abs. 3 BGB wird vermutet, dass eine notwendige medizinische Maßnahme nicht durchgeführt wurde, wenn sie nicht in der Akte vermerkt ist. Das bedeutet, dass im Falle eines Behandlungs- oder Pflegefehlers nicht der Patient die Beweislast trägt, sondern der behandelnde Arzt die indizielle Wirkung der fehlenden Eintragungen entkräften muss.
Der Bundesgerichtshof hat bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1986 klargestellt, dass sowohl das Dekubitusrisiko als auch die ärztlich angeordneten Vorbeugungsmaßnahmen im Krankenblatt eines Patienten dokumentiert werden müssen. Wenn die Einschätzung des aktuellen Risikos nicht vorgenommen wird, obwohl Risikofaktoren vorliegen, stellt dies einen Befunderhebungsfehler dar - sowohl für im Krankenhaus als auch für ambulant tätige Ärzte.
Im Falle eines Dekubitus während der Pflege im Krankenhaus oder im Pflegeheim muss die Pflege den Arzt unverzüglich informieren, der dann eine Behandlung anordnen muss. Auch wenn sich der Zustand des Dekubitus verschlechtert, muss die Pflege den Arzt darüber unterrichten. Der Arzt hat den Dekubitus regelmäßig zu kontrollieren und sicherzustellen, dass die Maßnahmen zur Heilung führen.
Ein Bewegungsplan kann dazu beitragen, Druckstellen zu vermeiden. Allerdings muss dieser sorgfältig erstellt und konsequent umgesetzt werden, damit nachgewiesen werden kann, dass die notwendige Druckentlastung auch tatsächlich erfolgt ist. Eine Lagerung auf dem Dekubitus sollte möglichst vermieden werden und auch beim Sitzen im Rollstuhl müssen Lagerungsintervalle beachtet werden.
Insgesamt gilt: Wer bei der Pflege oder Behandlung eines Patienten ein Dekubitusrisiko erkennt, sollte alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um den Zustand des Patienten zu verbessern und Schäden zu vermeiden. Andernfalls können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen drohen.
Wenn es um die Vermeidung von Dekubitus geht, gibt es eine klare Vorschrift: eine Weichlagerungsmatratze muss unverzüglich zur Verfügung stehen.
Dabei ist es wichtig, dass die Matratze für die Schwere des Dekubitus zugelassen ist. Aber auch beim Sitzen im Rollstuhl gibt es spezielle Sitzkissen, die verwendet werden können, um Druckstellen zu vermeiden.
Es ist nicht sinnvoll, bei der Wahl der Matratze oder des Sitzkissens zu sparen. Auch wenn eine Schaumstoffmatratze günstiger ist als eine Wechseldruckmatratze, können die Kosten bei einem auftretenden Dekubitus ungleich höher sein. Deshalb ist es wichtig, dass der Arzt die passende Matratze unverzüglich verordnet.
In Pflegeheimen kann es jedoch zu Verzögerungen kommen, bis die Matratze geliefert wird. Um dem zeitlichen Verzug entgegenzuwirken, fordert der aktuelle Expertenstandard, dass die Einrichtung sicherstellen muss, dass ein dem Risiko des Patienten entsprechendes Wechseldruck- und Weichlagerungssystem unverzüglich zugänglich ist. Im Krankenhaus wird dies unter anderem dadurch gewährleistet, dass die bestellte Matratze vom externen Anbieter noch am gleichen Tag oder spätestens am Folgetag geliefert wird. Alternativ können auch Weichlagerungssysteme vorgehalten werden, bis die für den Patienten verordnete Matratze geliefert wird.
Therapie nach Schweregrad: Die Behandlung von Dekubitus
Die Behandlung von Dekubitus ist ein wichtiges Thema in der Pflege und medizinischen Versorgung von bettlägerigen Patienten. Die European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) teilt den Dekubitus in 4 Schweregrade ein, um die stadiengerechte Therapie der Wunde sicherzustellen. Der Arzt ist für die verordneten Maßnahmen und das Wundmanagement verantwortlich, während die Pflege im Altenheim die Ratschläge des Wundmanagements nur umsetzen kann, wenn der Arzt die Verordnung anordnet.
Wenn eine Verschlechterung der Wunde unter den verordneten Maßnahmen eintritt, muss eine Eskalation der Maßnahmen erkennbar sein. Zum Beispiel können Lagerungsintervalle verkürzt oder die Weichlagerung verbessert werden. Die Wundauflage muss entsprechend der Verschlechterung angepasst werden. Eine veränderte Wundauflage reicht oft nicht aus, um einem zunehmenden Dekubitus zu begegnen. Es ist auch an ein chirurgisches Debridement oder eine Krankenhauseinweisung zu denken, insbesondere wenn der Dekubitus unter den verordneten Maßnahmen voranschreitet oder chirurgisch debridiert werden muss. Eine Infektion des Dekubitus ist problematisch und kann das Voranschreiten stark beschleunigen.
Es ist jedoch nicht immer möglich, einen Dekubitus zu verhindern. Das Auftreten von oberflächlichen Dekubiti (Grad I und II) kann unvorhersehbar erfolgen. Das Auftreten von schwerwiegenden Dekubiti, auch bei Schwerstkranken, wird von der Rechtsprechung jedoch als vermeidbar angesehen, wenn die Empfehlungen des Expertenstandards eingehalten werden. Eine nachvollziehbare, lückenlose Dokumentation ist erforderlich, um nachzuweisen, dass eine fehlerfreie Behandlung durchgeführt wurde.
Gravierende individuelle Faktoren können ein Grund sein, dass ein Dekubitus nicht verhindert werden kann. Ein spezieller Fall sind Palliativpatienten, bei denen von einem strengen Bewegungsplan abgewichen werden kann, um die Lebensqualität zu verbessern.
Die Verhinderung und Behandlung von Dekubitus sollte als Teamaufgabe verstanden werden. Der Arzt sollte die Pflege aktiv unterstützen und das Problem nicht ausschließlich an die Pflege delegieren, um Befunderhebungs-, Aufsichts-, Überwachungs- sowie Organisations- und Koordinierungsfehler zu vermeiden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Umgang mit dem Dekubitus ein komplexes Thema ist und eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert. Neben der richtigen Pflege und Lagerung sind auch Faktoren wie Ernährung, Mobilisation und Hautpflege entscheidend für die Prävention und Therapie des Dekubitus. Eine regelmäßige Überwachung und Dokumentation des Zustands des Patienten sowie eine stadiengerechte Therapie sind unerlässlich.
Zukünftig wird es wichtig sein, weitere Forschung im Bereich der Dekubitusprävention und -therapie voranzutreiben und innovative Ansätze zu entwickeln. Insbesondere die Integration von technischen Lösungen wie Sensorik oder Robotik in die Pflege kann dazu beitragen, die Effektivität der Prävention und Behandlung zu verbessern. Eine frühzeitige Risikoeinschätzung und Präventionsmaßnahmen sowie eine individualisierte Therapie sind ebenfalls wichtige Zukunftsthemen im Umgang mit dem Dekubitus.
Also bleibt gesund und munter!
Eure
Schwester Eva
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Bildnachweise: Canva Pro Lizenz
Literatur:
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